Kategorien
Artikel in Schlesien-heute Schlesische Runde

Tagchen, Tagchen – Vom Kriegsflüchtling zum Rheinländer

In der Schlesischen Runde am Sonnabend, 21. Januar 2017, traf sich unsere Kreisgruppe zu einer außerordentlich interessanten Lesung des Autors Hans Grugel (Foto) aus seinem Buch „Tagchen, Tagchen – Vom Kriegsflüchtling aus Westpreußen zum Rheinländer“;  auch der Vorsitzende der Landsmannschaft Ostpreußen, Kreisgruppe Bonn, Dr. Dr. Ehrenfried Mathiak, war erschienen.
In seinem Buch berichtet der  in Walberberg lebende ehemalige Lehrer am Brühler St.-Ursula-Gymnasium Hans Grugel über sein Leben und das Schicksal seiner Familie über 70 Jahre hin. Als Kriegskind des Jahrgangs 1941 wurde er gegen Ende des zweiten Weltkriegs aus der Koschneiderei, einer Region mit 19 rein deutschen und streng katholischen Dörfern in Westpreußen, vertrieben. Im rheinischen Walberberg, wo seine Familie bei Verwandten eine „Anlaufadresse“ hatte, war er zunächst der  „Pimock“, der nicht einmal den einheimischen Dialekt verstand; doch es gelang ihm, sich im Kontakt mit den Menschen zu integrieren und sich so ein neues Zuhause als  Rheinländer zu schaffen.
Die Lesung umfasste bisweilen erschütternde, die Zuhörer z.T. an eigene Erlebnisse erinnernde Abschnitte wie z.B. die knappe Schilderung der Erschießung des zwanzig Jahre alte Sohnes des Nachbarn im Winter 1945 nach dem Einmarsch der Russen („Wir Kinder liefen ahnungslos und neugierig mit und sahen zu.“; a.a.O. S. 42). Ebenso gab es – so vielfältig, wie das Leben ist – auch Heiteres wie z.B. die Überraschung des Autors in den Osterferien 1998, als er von einem chinesischen Verkäufer eines Getränkeladens in Washington DC an der Aussprache seines Englischen als Deutscher aus der Region zwischen Bonn und Köln („… ich tippe auf Brühl.“, a.a.O S.371) erkannt wurde (der Verkäufer war Linguist und hatte deutsche Dialekte studiert). – Ein fesselnder Nachmittag, wie auch die ausgiebige Diskussion mit dem Autor nach der Lesung zeigte. Wer nicht gekommen war, hat etwas verpasst.

Text und Fotos:
Dr. Ingolf Au

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert